Cathleen Schuster & Marcel Dickhage

The Paradox of the Speculative

Spekulation (von lat. „speculari“ spähen, beobachten, von einem erhöhten Standpunkt aus in die Ferne spähen) ist ein Begriff der Alltagssprache sowie eine Wirtschaftstechnik und eine philosophische Denkweise. Die Spekulation hat viele Formen: als Spekulation auf (intellektuelles) Wissen, auf eine Erfindung, auf unbekannte Sterne, auf Liebe, auf einen Tatverdächtigen oder auf Geld und Besitz. Spekulation ist ein Paradox, dessen Potenziale gleichermaßen progressiv wie regressiv sein können. Vertane Spekulation vermag es, starke Reaktionen bis hin zu globalen Protestwellen auszulösen und Volkswirtschaften in die Depression zu stürzen – eine der umfangreich dokumentierten Seiten zeitgenössischer Spekulation.In ihrer Arbeit interessierte Schuster & Dickhage, wie sich eine Darstellbarkeit von Spekulation erreichen lässt beziehungsweise inwieweit eine künstlerische Öffnung des Begriffs für eine (Wieder-)Aneignung durch die BetrachterInnen ermöglicht werden kann. Das künstlerische Interesse für die Spekulation liegt in ihrer Aktualität, ihrer potenziellen Wiederholbarkeit und in der Problematik der Äquivalenz. Wenn das Spekulative selbst nicht unbedingt einer Äquivalenz verpflichtet ist, lässt sich dann überhaupt eine künstlerische Entsprechung der Spekulation herstellen? Oder ist die Verpflichtung zur Äquivalenz hier konzeptuell überholt oder hinfällig? Wie kann eine Öffnung des Begriffs des Spekulativen (entgegen dogmatischer Kritik) erreicht werden, die den BetrachterInnen den Raum schafft, den sie brauchen, um sich den Begriff selbst (wieder) anzueignen?In ihren vorangegangenen Auseinandersetzungen mit dem Thema hatten Schuster & Dickhage zunächst die Geschichte der Spekulation anhand von Aussagen verschiedener AutorInnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart untersucht. Aus dieser Recherche entstanden in Büchsenhausen in engem Austausch mit einer parallel dazu laufenden theoretischen Auseinandersetzung ein Film (Layers) sowie eine Publikation (Two or Three Scripted Loops on the Paradox of the Speculative).

Cathleen Schuster & Marcel Dickhage (beide *1977) arbeiten als Künstler:innen seit 2001 zusammen und leben in Berlin. Ihre künstlerische Arbeit ist an der Gegenwart interessiert, entsteht in Dialogen und lässt sich als kritisch formgebend bezeichnen. Ihre konzeptuelle Herangehensweise manifestiert sich in zeitbasierten Medien und Text-Bild-Montagen sowie in der Auseinandersetzung mit Archiven.
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