Black Sound White Cube

Dieter Lesage und Ina Wudtke

Erschienen in der Reihe Büchs'n'Books — Art and Knowledge Production in Context
Volume 4

1. Auflage, 2010
In englischer Sprache, 112 Seiten
EUR 14,80


ISBN: 978-3-85409-547-7

Schaut man sich im kontinental-europäischen Kunstkontext um, dann ist von Blues, Jazz, Hip Hop, Drum & Bass und Dubstep, Musik die man als ’schwarzen Sound‘ bezeichnen könnte, sehr wenig zu spüren. Dagegen werden die Ausdrucksformen und Sprachen von traditionell weißen musikalischen Szenen problemlos aufgenommen. Man denke dabei z.B. an die Gruppierung der Künstler_innen Chicks on Speed, die sich in der Tradition von Riot Girlz situiert, den gemalten Punk Attitüden von Daniel Richter, oder dem Deutsche-Welle-Kitsch im Werk von Jonathan Meese. Beim Anblick von Kunst, die sich auf die Tradition der afro-atlantischen Diaspora bezieht, scheint die zeitgenössische kontinental-europäische Kunst jedoch noch immer sprachlos, da fehlen die Worte und vor allem der kulturelle Bezug. Einen Beat als komplexe Avantgarde zu verstehen, wie in der Harlem Renaissance der zwanziger Jahre, mit der Erfindung der synkopischen Swing-Rhythmen, ist im Kontext des ‚white cube‘, welcher als Kunstraumtypologie heutzutage noch immer hegemonial ist, durchaus unmöglich. Selbst wenn die Wände eine andere Farbe bekommen, selbst wenn der ‚white cube‘ gar keine Kubusform hat, sondern in einen ‚alternativen‘ Raum gewechselt hat, ist die Chance groß, daß der ‚white cube‘ – der Kunstraum, der Raum in dem zeitgenössische Kunst gezeigt wird – weiß ‚klingt‘.

Black Sound White Cube von dem belgischen Philosophen Dieter Lesage und der deutschen Künstlerin und Kuratorin Ina Wudtke wirft ein neues Licht auf globale Zusammenhänge der zeitgenössischen Kunstproduktion und kommentiert die Arbeit internationaler Künstler_innen, wie Sonia Boyce, Jennie C. Jones, Minouk Lim, Nadine Robinson, Sanford Biggers und Yoel Vazquez, und Kurator_innen, wie Thelma Golden, Valerie Cassel Oliver, Lydia Yee, Richard J. Powell und Franklin Sirmans, die sich in ihren künstlerischen und kuratorischen Arbeiten auf die afro-atlantische Diaspora beziehen und das Verhältnis von Musik und Bildender Kunst ausloten. Arbeiten von bekannten Künstlern, die in diesem Kontext immer wieder unkritisch erwähnt werden, so wie 4’33“ von John Cage, und Rock My Religion von Dan Graham, widmet Black Sound White Cube eine erfrischend kritische Lektüre. Damit legen Ina Wudtke und Dieter Lesage, zugleich höflich und polemisch, subalterne Traditionslinien offen und regen Diskussionen abseits der hegemonialen Traditionsfelder von Avantgarde und Rock an.