Scriptings #14: The Nondescript of Our Gestures
„Dinge wie Gesten in den Raum stellen. Mit den Händen Dinge einrichten, für eine Zeit zusammenstellen. Bei den heruntergekommenen Pariser Läden in Les Halles, die verzweifelt versuchen, ihre Fassaden wieder zum Scheinen zu bringen, finde ich in einer Bibliothek einen Briefwechsel: ‚Ich habe Ihren Brief erhalten … wiedergelesen und wiedergelesen, lieber Freund, gezeichnet Fernand Deligny, 16. November 1968.‘ Und der Titel eines von mir noch nie gehörten, unerhörten Filmes: Le moindre geste. Stimmt, Achim, so sollte es eigentlich sein, wenn wir, ich Dinge mache(n) – die geringste, kleinste, unbeschreibliche, vorsichtige, unscheinbarste Geste aufheben, finden, führen. Weiterschauen, ein großes, schönes Buch, auf dünnstem Papier, in Französisch; das gibt es zum Autor. Auf Deutsch, natürlich, nicht sehr viel: bei Merve (wie oft) ein Band aus den siebziger Jahren: Ein Floß in den Bergen. Ein Buch, das wie ein abgeliebter Teddybär im Magazin der Innsbrucker Universitätsbibliothek verschlossen liegt (ich wechsle mit den Orten auch die Bücher), sodass kein Herankommen mehr möglich ist an sein verschlissenes Grün. Ein Satz daraus ist mir aber doch in die Hände gefallen:
‚Es kommt vor, dass eine solche driftende Geste – geste de dérive – plötzlich zu einer steuernden Geste – geste dérive – wird, die sowohl Geste als auch ein Ding ist. Die unscheinbarste unserer Gesten ist zunächst ein Ding, und das unscheinbare Ding kann ein ganze Welt von Gesten hervorbringen.‘ (Zitat: Fernand Deligny, Ein Floß in den Bergen, Merve 1979)“
Achim Lengerer
Achim LENGERER lebt als Künstler in Berlin und Amsterdam. In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit sprachbezogenen Fragestellungen, die er in Performances oder Rauminstallationen thematisiert. Er initierte mehrere kollaborative Projekte, unter anderem die freitagsküche in Frankfurt und Berlin oder voiceoverhead, eine Zusammenarbeit mit dem Künstler Dani Gal. Seit 2009 betreibt Lengerer den mobilen Ausstellungsraum und Verlag Scriptings. Scriptings funktioniert als diskursive Plattform, ergänzend und parallel zu Lengerers Projekten. KünstlerInnen, AutorInnen, GrafikdesignerInnen, PerformerInnen ebenso wie VerlegerInnen werden zur Teilnahme eingeladen – all jene also, die sich in ihrem jeweiligen Produktionsprozess der Formate „Skript“ und „Text“ bedienen.
www.scriptings.net
Veranstaltungsort
Universität Innsbruck
Innrain 52
6020 Innsbruck