Staging Idioms – A Documentary Installation

Cătălin Gheorghe in Zusammenarbeit mit Dan Acostioaei

Cătălin Gheorghe in Zusammenarbeit mit Dan Acostioaei
Ausstellung, Stadtturmgalerie, 14.12.2005 – 19.01.2006
Vortrag, Stadtturmgalerie, 13.12.2005

Staging Idioms war eine dokumentarische, mikro-soziale Studie der „kleinen Erzählungen” einer Künstlergemeinschaft in einem Umfeld der Veränderung. An der Peripherie der europäischen Geopolitik tätig, nämlich in Iaşi/Rumänien, entwickelte diese Gemeinschaft seit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre eine für das dort vorherrschende Bildungssystem und den kulturellen Kontext untypische künstlerische Praxis. Aus der Beobachtung ihrer idiomatischen Verhaltensweisen heraus resultierte eine kurze Serie visueller Studien als kritische Anwendung eines interkuratorischen Ansatzes.

Cătălin Gheorghe schrieb im Ausstellungstext zu diesem Projekt:

„Diese dokumentarische Installation lädt das Publikum dazu ein, ausgehend vom eigenen Wissensstand künstlerische Praktiken zu erforschen, die in anderen sozialen, kulturellen und bildungspolitischen Umfeldern entstehen.

Zugleich befragen die inszenierten Dokumente den Gedanken eines kulturellen Austausches, und zwar nicht nur aus dem kollaborativen Blickwinkel einer interkuratorischen Erfahrung, sondern auch aus der prozessualen Perspektive einer Mediation zwischen einem Theoretiker als investigativem Künstler einerseits und einem Publikum als ‚Forscher:innenkollektiv‘ andererseits.

Die Fotografien von Dan Acostioaei, Dragoş Alexandrescu, Matei Bejenaru, Cezar Lăzărescu und Bogdan Teodorescu spiegeln die Beziehung der Künstler zu ihrem obstruktiven Kontext wider. Ihre kritischen Reaktionen gegenüber dem sozialen und kulturellen Erbe sowie den sozialen und kulturellen Entscheidungen illustrieren nicht nur eine idiomatische künstlerische Praxis, sondern beschreiben auch einen verfahrensmäßigen Zustand.

Dan Acostioaeis Wandgemälde ist ein kritisches Statement zu den Verboten hinsichtlich der freien Aneignung von Information. Die offiziellen Kultur- und Bildungseinrichtungen schaffen ihre eigenen Kanons und akademischen Lesarten hinsichtlich der Nutzung von Wissen. Durch die private künstlerische ‚Nutzung‘ einer Fotokamera werden kulturelle Codes durchbrochen und soziale Praktiken zu Konfrontationen und Befreiungen umgestaltet. Copyleft ist eine Umkehrung des Rechts der Vorenthaltung.

Die Videodokumentation schlägt eine Reihe von Begegnungen vor. Die Künstler:innen (Dan Acostioaei, Dragoş Alexandrescu, Matei Bejenaru, Livia Tencariu feat. Vlad Morariu sowie Bogdan Teodorescu) erzählen ihre Geschichten vom Standpunkt ihres Verhältnisses zum eigenen sozio-kulturellen Kontext. Alle drücken das jeweils eigene kulturelle Verhalten in der Positionierung gegenüber dem Establishment aus. In der idiomatischen Art und Weise, wie die Künstler:innen ihre Gedanken und Vorschläge formulieren, erweitert sich der als Bühnenraum aufgefasste Aktionsradius.

Der Studientisch lädt ein zur Auseinandersetzung mit der Dokumentation einer Multitude. Ihre Kunstproduktion fordert das örtliche Gefüge heraus und stellt Informationen zur Verfügung, die für weitere Untersuchungen verwendet werden können.

Die Zusammenarbeit mit dem Künstler Dan Acostioaei basiert auf den Gedanken, dass es für das gegebene Vorhaben schlüssiger ist, eine Praxis als ein transportierbares Kunstwerk auszustellen, und dass die Gelegenheit dieser Ausstellung auch die Möglichkeit einer ‚Flash Residency‘ beinhaltet, die die Teilnehmer:innen konzeptionellen und zwischenmenschlichen Interaktionen aussetzt.

Staging Idioms ist ein kritischer Beitrag zur Herausforderung konservativer Wissens- und Praxissysteme, der eine Möglichkeit des Informationsaustausches eröffnet, um neue Lösungen hinsichtlich einer Neubewertung unseres öffentlichen Kulturlebens und unserer veränderten privaten sozialen Situation zu entwickeln.“

Cătălin GHEORGHE ist Autor und Kurator und lebt in Iaşi, Rumänien. Er unterrichtet Theorie und Geschichte der Kunstkritik an der Universität von Iaşi und ist an verschiedenen Projekten und Aktivitäten der Vector Galerie beteiligt. Seit 2000 Veröffentlichung zahlreicher Artikel über zeitgenössische Kunstpraktiken in verschiedenen Fachzeitschriften.
www.periferic.org

Dan Acostioaei (*1974) lebt und arbeitet als Künstler in Iaşi, Rumänien. Seine Werke konzentrieren sich auf die Identität der rumänischen Gesellschaft im Umbruch, auf die ideologischen Grenzen zwischen ökonomischen Sphären und die Bedingungen künstlerischer Produktionen im ehemaligen Ostblock.

Veranstaltungsort

Stadtturmgalerie