Airi Triisberg
Activist Biographies in Eastern Europe
Airi TRIISBERG beschäftigt sich in Büchsenhausen mit aktivistischen Biografien in Osteuropa. Das Rechercheprojekt beabsichtigt, soziale Bewegungen in der Region, mit einem besonderen Fokus auf die baltischen Staaten, zu dokumentieren, zu kontextualisieren und zu analysieren. Dazu wird eine Vielzahl von politischen Organisator_innen interviewt, die in politischen Bewegungen aktiv sind und oft auch an der Schnittstelle von Wissensproduktion, Kunst und Kultur arbeiten. Die Forschungsteilnehmer_innen sind in dem breiten Spektrum von Initiativen für mehr soziale Gerechtigkeit aktiv, unter anderem in queeren/feministischen Organisationen, Arbeitskämpfen, antirassistischer Politik und ökologischen Bewegungen.
Das Forschungsprojekt ist als ein Prozess aktivistischer Wissensproduktion konzipiert und wird mit der biographischen Methode realisiert. Dazu gehören vertiefende Interviews, in denen die Projektteilnehmer_innen aufgefordert werden, über ihre politischen Biografien nachzudenken.
Das Ergebnis des Rechercheprojekts wird ein Buch mit einer Sammlung von persönlichen Berichten über Praktiken des politischen Organisierens sein. Die Interviews sollen Einblicke in die jüngere Geschichte der sozialen Bewegungen und deren Politiken in Osteuropa geben und auch die Schnittstellen zwischen politischen Aktivismus, Wissensproduktion und Kulturarbeit thematisieren. Anstatt eine lineare und homogene Erzählung zu produzieren, zielt das Buch darauf ab, Platz für eine Vielzahl von Stimmen und Perspektiven zu schaffen. Aus der Gegenüberstellung der gesammelten Interviews werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zum Vorschein kommen: Schlüsselereignisse, Verbindungen und Verflechtungen zwischen aktivistischen Initiativen werden sichtbar; Reflexionen, Kritik und Streitigkeiten werden, möglicherweise aus widersprüchlichen Perspektiven, artikuliert werden.
Die Interviews werden sich auch mit den affektiven Dimensionen des aktivistischen Organisierens befassen: Wie wirkt sich politisches Engagement auf persönliche Biografien aus? Wie unterstützen sich politische Organisator_innen gegenseitig? Wie gehen Aktivist_innen mit Burn-Out, Depressionen und anderen psychischen Problemen um?
Textvorlage: Airi Triisberg
Airi TRIISBERG ist eine unabhängige Kuratorin, Autorin und Pädagogin mit Sitz in Tallinn. Ihr Interesse gilt Themen wie Gender und Sexualität, Krankheit/Gesundheit und Un/fähigkeiten, Selbstorganisation und kollektive Fürsorgepraktiken sowie dem Kampf gegen prekäre Arbeitsbedingungen im Kunstbereich und darüber hinaus. Ihre Praxis operiert meist an der Schnittstelle zwischen politischer Bildung, Selbstorganisation und Wissensproduktion. Eines ihrer andauernden Forschungsinteressen konzentriert sich auf historische und gegenwärtige Momente, in denen die Erfahrungen eines Lebens mit Krankheit oder Beeinträchtigung im Dienste einer sozialkritischen Artikulation politisiert wurden. 2015 kuratierte sie Get Well Soon!, eine Ausstellung, in der soziale Imaginationen, die in den radikalen Bewegungen der 1970er Jahre wurzeln, künstlerischen Iterationen unterzogen wurden. 2010-2012 war Triisberg aktives Mitglied der Kunstarbeiterbewegung in Tallinn. 2015 veröffentlichte sie gemeinsam mit Minna Henriksson und Erik Krikortz das Buch Art Workers – Material Conditions and Labour Struggles in Contemporary Art Practice.