Alice Sarmiento
A Meme Is Not a Monument But Can It Make a Myth of a Man?
Während der ersten Monate der COVID-19-Pandemie herrschte auf den Philippinen das reinste Chaos. Im März 2020 wurde die Hauptstadt des Landes militärisch abgeriegelt; dieser Lockdown ging mit vagen Quarantäneprotokollen einher. Die Verwirrung wurde durch widersprüchliche Anweisungen der behördenübergreifenden Task Force, die mit dem Management der staatlichen Pandemiebekämpfung beauftragt war, noch verschärft. Öffentliche Verkehrsmittel, öffentliche Versammlungen und öffentliche Hilfen wurden entweder ausgesetzt, eingeschränkt oder waren nur schwer zu bekommen. Dies alles machte das generelle Fehlen öffentlicher Räume und Institutionen und die Fragwürdigkeit des Konzepts der Öffentlichkeit an sich noch deutlicher.
Inmitten dieser zutiefst spürbaren Verunsicherung trat der Oberbefehlshaber des Landes spät in der Nacht in der Öffentlichkeit auf und hielt weitschweifige Reden, die wenig dazu beitrugen, den über 12 Millionen Einwohner:innen von Metro Manila Klarheit über die Lage zu verschaffen. Als sich der Lockdown hinzog und COVID sich auf andere philippinische Städte ausbreitete, wurden die Proklamationen des damaligen Präsidenten Rodrigo Duterte in den sozialen Medien frei interpretiert: Sie kursierten zunächst als eine Reihe von Screenshots, bevor sie auf die memetische Kommunikation reduziert wurden, die sein Regime kennzeichnete.
Die titelgebende Frage A Meme Is Not a Monument But Can It Make a Myth of a Man? bezieht sich nicht nur auf Duterte, sondern auch auf populistische Bewegungen im digitalen Zeitalter, im Zuge derer das Politische oft auf den oberflächlichen und lo-res – wie in Humor mit niedriger Auflösung – Charakter der Meme-Kultur reduziert wird. Es ist insbesondere das politische Meme, das sich in Klischees bewegt, die als Totschlagargumente dienen, das Auseinandersetzungen im Keim erstickt und jegliches Potenzial für sinnvolle Kritik beschneidet. Daher müsste es selbst viel gründlicher untersucht werden, da es in der Lage ist, Narrative zu verzerren und Gemeinschaften zu spalten.
Durch Gespräche mit Künstler:innen und Organisator:innen, Lesegruppen und eine Publikation werde ich frühere Fallstudien über das soziale Leben von Denkmälern online und offline sowie ihre Rolle bei der Beeinflussung politischer Meinungen und der Veränderung von Machtstrukturen weiterentwickeln. Ich hoffe, Verhandlungsorte zu schaffen, an denen die Trümmer der Post-Truth-Landschaften, die unsere Zukunft immer weiter umgestalten, untersucht werden können. Entscheidend für diese Gespräche ist die Rolle der ephemeren digitalen Medien: Kann ein Meme monumental sein?
Alice Sarmiento (*1985; Manila, PH) ist Autorin, unabhängige Kuratorin und Tierschutzaktivistin. Sie hat viel über Themen wie die Darstellung der philippinischen Arbeiter:innendiaspora in der zeitgenössischen Kunst, die kulturellen Auswirkungen von Dutertes Antidrogenkrieg und die Beziehung dieser Phänomene zu einer feministischen Zukunft geschrieben. 2015 war Alice Stipendiatin des kuratorischen Entwicklungsprogramms des Japan Foundation Asia Center, 2019 Stipendiatin im Bereich Kulturjournalismus an der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart. Im Jahr 2021 war sie Teilnehmerin am Young Curators Residency Program der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo in Turin, Italien.
www.alicesarmiento.wordpress.com