David Rych

Border Act

In seinen Arbeiten widmet sich David Rych Fragen der Konstruktion von Identität und Realität – wobei er im Besonderen Wissensproduktion und Repräsentation befragt und auf politische Hintergründe Bezug nimmt. Seinen Filmen gehen Fragen nach Konstitution und Konstruktion von „Gesellschaft“ voran, wobei die jeweilige Thematik für die entsprechende Wahl des dokumentarischen Formats ausschlaggebend ist. In dieser Weise werden das Genre des Dokumentarfilms in verschiedenen Variationen und somit auch die Bedingungen der Filmproduktion an sich thematisiert.

Menschen sind sich ihrer potenziellen medialen Rolle zunehmend bewusst – Performance ist Teil unserer Realität, unabhängig davon, ob eine Kamera läuft oder nicht. Ein vorkinematischer Zustand des Unbeobachtetseins, einer Wirklichkeit vor ihrer Inszenierung und medialen Reproduktion, ist kaum mehr auffindbar und scheint auch nicht mehr begehrenswert. Die Tendenz im Dokumentarfilm wiederum neigt deutlich zur Inszenierung. Fiktionale Elemente können im Dokumentarfilm affektive Empfindungen und dramaturgische Spannung erzeugen, welche schon lange Teil der von der Spielfilmindustrie gewohnt bedienten Illusion sind. Re-enactments und Setdesigns eröffnen dem Dokumentarfilm neben Archivmaterial zusätzliche Ausdrucksformen, bei der Verwertung und Konstruktion von Ereignissen oder Persönlichkeiten, wobei es zu einer Auflösung der Grenze zwischen ehemals strikt getrennten Genres kommt. Im politisch motivierten Film indessen ist Fiktionalisierung von Wirklichkeit ein Stilmittel reflexivem Film zu gezielter Aussage zu verhelfen und Aspekte
des Realen zu verdeutlichen – ästhetische Entscheidungen haben dabei eine politische Dimension.

In Büchsenhausen arbeitete David Rych an der Vorbereitung des Films Border Act. Dabei geht es um ein Casting für ein Filmprojekt: Gesucht werden LaiendarstellerInnen für zu besetzende Rollen als illegale MigrantInnen. Die experimentelle Praxis des britischen Regisseurs Peter Watkins, am Film teilnehmenden ProtagonistInnen reale Rollen zukommen zu lassen, dient als Ausgangsbasis für das beabsichtigte Vorhaben. Insbesondere gehe es darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, welche den beteiligten ProtagonistInnen den Raum bieten würden, um Aspekten ihrer Persönlichkeit und damit verbundenen sozialen bzw. politischen Standpunkten nachzugehen, wobei sich freier Handlungsverlauf in den fiktionalen Rahmen des Projekts eingliedern soll: „Wo die Inszenierung brüchig wird bzw. schon so angelegt wurde, soll sich ein neuer Raum öffnen, um Gegenwart kritisch zu befragen und die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Politik, Medien und Öffentlichkeit zu behandeln.“
(Textvorlage: David Rych)

Das finanziell anspruchsvolle Projekt konnte nicht während der Zeit des Fellowships fertiggestellt werden. Sowohl der Künstler als auch das Künstlerhaus Büchsenhausen verfolgen jedoch weiterhin gemeinsam die Realisation des Films.

David RYCH (*1975 in Innsbruck) lebt in Berlin. Studium an der Universität Innsbruck (1993–95), an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1995–2001) und an der Bezael Universität in Jerusalem (1999–2000). Postgraduate-Studium an der École Supérieure des Beaux-Arts in Marseille (2004/05). Teilnehmer an der Manifesta 8 (2010/11) und der Berlin Biennale (2012).
www.parakanal.com/rych