Endi Tupja

Ilir Tupja, Bleistift auf Papier: Berechnungen für ein Kerosinofen-Modell. © Endi Tupja

Hard-Boiled, Contained, Evaporated!

Hard-boiled, Contained, Evaporated! ist ein Forschungsprojekt, das sich auf die Aufdeckung von Storytelling im Zusammenhang mit der Menstruation in kommunistischen albanischen Badezimmerökologien konzentriert. Es will einen sehr spezifischen historischen und geografischen Raum beleuchten und dabei politische Unterdrückung und Trauma mit menstrual care in Verbindung bringen. Die Zeitspanne zwischen den 1950er- und den späten 1980er-Jahren ergibt sich aus meiner persönlichen Erfahrung, die eine generationenübergreifende Konfrontation mit menstruierenden Frauen im kommunistischen Albanien mitumfasste. Diese Jahre zeigen einen drastischen Gegensatz zwischen der materiellen Entbehrung und der materiellen Verfügbarkeit im Hinblick auf Menstruation vor und nach den 1990er-Jahren auf und integrieren somit das Autobiografische in die kollektive Erinnerungsaufarbeitung. Das Projekt archiviert Äußerungen und Zeugnisse und untersucht, wie Erinnerung in visuellen oder auditiven Formaten und/oder in Kombination mit fotografischem Material in der Gegenwart erzählt und aufgezeichnet werden kann. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei insbesondere die Korrelation zwischen Wahrheit und Fiktion im Experimentalfilm.

Der Schwerpunkt der Recherche liegt auf Bildern von Badezimmern im kommunistischen Albanien, deren Bodenökologien, dem Paradigma des Kerosinofens sowie auf Körper- und anderen Flüssigkeiten. Diese Aspekte werden im Zusammenhang mit Menstruationsarbeit und kollidierenden Zeitlichkeiten untersucht; dabei wird immer wieder zwischen der diktatorischen Vergangenheit des Landes und dem heutigen Albanien hin- und her gewechselt. Es ist wichtig, dieses Storytelling zu verbildlichen, um feministischen Erinnerungen Dauerhaftigkeit und Greifbarkeit zu verleihen. Denn durch dieses Bild entsteht ein Raum, in den man zurückkehren kann: Er ist entscheidend im Hinblick auf die Ortslosigkeit verdrängter Erinnerungen. Das Bild schafft vielfältige Verbindungen, mit denen sich die Verflechtungen zwischen der Arbeit der Frauen und der Architektur der Unterdrückung und Auslöschung menstrueller Gesten untersuchen lassen.

Durch die Schwerpunktsetzung auf Raum- und Materialpolitik in Verbindung mit Menstruationsselbstfürsorge werden Frauenkörper zu einem Ort der Zeug:innenschaft, der den nationalstaatlichen Archivformaten und den gewaltsamen strukturellen Brüchen im kollektiven Gedächtnis entgegenwirkt. Durch eine Multi-Sited Ethnography, sowohl von Menschen (Frauenkörpern) als auch von Nicht-Menschen (Seife, Blut, Binden usw.), wird sich das Projekt auf die Sammlung und Inventarisierung von Gesten und räumlichen Materialitäten konzentrieren, die die Grundlage für die Entwicklung eines filmischen Formats performativer Erzählweise bilden soll.

Endi Tupja (*1984) ist eine Künstlerin, Filmemacherin/Storyteller und Kulturschaffende, die zwischen Berlin und Tirana lebt und arbeitet. Ihre Praxis konzentriert sich auf das Experimentieren mit Strategien der Gedächtnisregeneration und dem Potenzial des Re-Enactments mit Zeitzeug:innen. Sie erforscht die Grenzen der (Selbst-)Darstellung sowie deren tangentiale Beziehung zur Videokunst. In ihrer Suche nach Klarheit ist die Reibung zwischen dem Wesentlichen und einem Gefühl der Übertreibung allgegenwärtig. Sie versucht immer wieder, eine bestimmte Vorstellung einer etablierten institutionellen Formalität in der künstlerischen Forschung und akademischen Sprache in Frage zu stellen. Ihre Arbeiten wurden auf Festivals und in Ausstellungen in Deutschland, im Kosovo, in Mexiko, im Vereinigten Königreich, in den Niederlanden, in Georgien, in der Ukraine, in Italien, in San Marino, in Griechenland usw. gezeigt. Derzeit ist sie Stipendiatin an der Centrale Fies, LIVE WORKS Vol. 10 – Free School of Performance, wo sie ihre Forschungen zu performativen Schreib- und Inszenierungstechniken albanischer weiblicher Stimmen und Erinnerungen im italienischen Kontext zwischen 1992–2011 vertieft.
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