Ivana Marjanovic

Artistic/cultural disobedience

Ivana Marjanović arbeitete an einem Projekt, das auf die Schnittstelle zwischen Kunst und politischem Leben sowie auf die an dieser Schnittstelle entstehenden Möglichkeiten fokussierte.

Als Bezugsrahmen für ihre Forschungsarbeit dienten der Raum Ex-Jugoslawien, genauer Serbien, sowie Europa nach 1989. Den Ausgangspunkt bildete eine Untersuchung der Arbeit lokaler/transnationaler Kollektive wie Queer Beograd und Biro Beograd. Durch eine Analyse dieser Arbeitsweisen und Ansätze sollte ein Bezug zwischen Nationalismuskritik, dem Konservativismus von im postkommunistischen Übergang befindlichen Staaten und der neokolonialistischen Realität in Osteuropa hergestellt werden. Darüber hinaus beabsichtigte das Projekt die Denaturalisierungsprozesse dieser Gesellschaftsformationen, sozialen Ungehorsam, Gegenverhalten, soziale und künstlerische/kulturelle Auseinandersetzungen, Räume für Allianzen und transnationale Kollaboration zu beleuchten. Artistic/Cultural Disobedience zielte nicht nur auf Kritik an der hegemonialen Ordnung durch eine Analyse der Manifestationen von Machtverhältnissen ab, sondern auf die Destabilisierung dieser Ordnung auf Basis einer Betrachtung der Aktivitäten und interventionistischen Arbeiten bestimmter künstlerischer und kultureller AkteurInnen, die zusammen mit anderen den Raum durch interaktive und konfliktgeladene Beziehungen gestalten.

Das Projekt versuchte zu zeigen, dass das, was beabsichtigt ist, nicht zur Gänze einer Kontrolle, Regulierung oder Hegemonie unterworfen werden kann. Räume für Auseinandersetzungen und Kontroversen, also Räume, die dazwischenliegen, entstehen nicht als absolute Externalität, sondern als interne Interventionshorizonte, die inmitten der gesellschaftlichen Gegebenheiten Spannung erzeugen. Auf diese Weise ist das Kunstfeld kein fixer Beobachtungsraum, in dem Ideologie reproduziert wird; vielmehr ist es ein sozialer Verhandlungsraum, in dem beide Seiten eine Rolle spielen: Institutionen, die den Mainstream vertreten, ebenso wie Kunst- und KulturproduzentInnen, die Regeln brechen und die Kunst neu formulieren. In diesem Sinne entwickeln sich die Methoden und Narrative des Gegenverhaltens parallel zur nationalen, europäischen und globalen Gouvernementalität.
(Textvorlage: Ivana Marjanović)

Im Sommersemester 2012 präsentierte Ivana Marjanović inhaltliche Schwerpunkte ihrer Arbeiten und Arbeitsweisen im Seminar Literaturtheorien – Öffentlichkeit/en der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft, Institut für Sprachen und Literaturen der Universität Innsbruck, das unter der Leitung von Julia Prager im Künstlerhaus Büchsenhausen stattfand.

Ivana Marjanović war Empfängerin des Fellowships der Stadt Innsbruck im Künstlerhaus Büchsenhausen 2011.

Ivana MARJANOVIĆ (*1979 in Jugoslawien) ist freiberufliche Kulturschaffende im Bereich zeitgenössische Kunst und Theorie, Mitbegründerin der Galerie Kontekst und Mitglied des Kontekst-Kollektivs in Belgrad.