Kush Badhwar

Flora, Osmania University Campus. Date and photographer unknown.

Rain Trees

(Enterlobium Samam)

Rain Trees (Enterlobium Saman) verdankt seinen Namen der Erwähnung der Spezies in einem kleinen Band über die Geschichte der Osmania University in Hyderabad, Indien. Es handelt sich dabei um ein Buch, das die Politik, die auf dem dortigen Universitätscampus über mehrere Generationen hinweg betrieben wurde und die unter anderem zur Gründung von Telangana, dem 29. und jüngsten Bundesstaat Indiens, im Jahr 2014 beigetragen hat, weitgehend ausblendet.

Rain Trees begann mit einer Recherchephase in Archiven, Bibliotheken und persönlichen Materialsammlungen rund um die Gründung des Staates Telangana, die einer der am längsten andauernden politischen Bewegungen Indiens folgte. Im Laufe dieser Recherchen stieß Kush Badhwar zufällig auf eine Materialsammlung eines Professors für altindische Geschichte und Archäologie. Kurz darauf fand er sich im Besitz dieser Sammlung wieder. Die gleichermaßen feststellbare, unmittelbare Nähe, aber auch die Unterschiede in der Erzählweise zwischen dem Material des Professors und derjenigen der Staatsgründung bilden die Grundlage dieser künstlerischen Investigation.

Indiens neuester Staat, Telangana, besteht nun seit über sechs Jahren. In diesem Zeitraum gelangen spezifische – hegemoniale – Narrative staatlicher Genese an Orte wie Bibliotheken und Museen, wurden aber auch in Form von Denkmälern oder Schullehrplänen ins öffentliche Bewusstsein verankert, während andere Sichtweisen ausgelassen wurden. Zwischen dem politischen Wunsch nach dem neuen Staat und der Situation nach der Staatsgründung besteht eine deutliche Diskrepanz. Der gegenwärtige Moment ist besonders entscheidend für die Erforschung und Materialisierung anderer Narrative, um die Geschichten zu erweitern, die in diesem Moment der frühen Staatsentwicklung und der damit einhergehenden Entfaltung unterschiedlichster Aspekte befindlich sind.

Mit fortschreitender Zeit geht in den Materialien des Professors der Bezug zum Konkreten oft verloren. In vielen Fällen öffnen sich die Bilder nur durch Vermutungen und Vorstellungskraft der Lektüre hin, was dieses Vorhaben ebenso durchdringt wie jede weitere Lektüre, Recherche und Produktion. Diesbezügliche Vermutungen und Vorstellungen enthalten das Potential, neue mögliche soziale und politische Geschichten der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft aufzuschließen. Im Zuge der Fellowship in Büchsenhausen möchte Kush Badhwar mit dem Material des Professors arbeiten, im Sinne einer prozessualen Konstruktion von Narrativen, die ihrerseits eine Spannung zu Geschichten herzustellen trachten, die sich in der Gegenwart entfalten.

(Textvorlage: Kush Badhwar)

Kush BADHWAR ist ein Künstler und Filmemacher, der sich mit Medien, Kunst, Film und weiteren gesellschaftlichen Kontexten befasst. Er interessiert sich für die Ökologie von Ton und Bild über Zeitspannen und politische Veränderungen hinweg. Er glaubt an das Potenzial von Forschung und Kollektivität. Unter anderem hat er eng mit wala, Word Sound Power, Frontyard Projects und Khanabadosh zusammengearbeitet.

Ausgewählte Filmvorführungen oder Ausstellungen seiner Arbeit fanden u.a. beim Addis Video Art Festival, dem Flaherty Seminar, der Tallinn Photomonth Biennale, Five Million Incidents, Experimenta Bangalore, Sarai Reader 09, Videobrasil und Forum Expanded, Berlinale statt. Zudem war er Stipendiat des Pad.ma’s Fellowship for Experiments with Video Archives und des India Foundation of the Arts Archival Fellowship.
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