Susan Kelly

Jurisdictions

Susan Kelly untersuchte die Widersprüche und Möglichkeiten, die aus der Entdeckung, Umsetzung und dem Neuentwurf konvergenter Jurisdiktionen entstehen.

Kelly schreibt zum Projekt: „Als Ausgangsbasis diente eine Betrachtung der lokalen Topologien simultaner Jurisdiktionen, die sich hinter der scheinbar selbstverständlichen Integrität von Landkarten und räumlich festgelegten ‚Herrschaftsbereichen’ verbergen, an mehreren Orten, darunter auch Tirol. Etymologisch bedeutet [juris-]diktion etwas sagen oder kundtun. Eine Jurisdiktion geltend machen heißt das Gesetz kundtun. Rechtsbegriffe wie ‚Jurisdiktion’ oder ‚Wahlkreis’ beziehen sich sowohl auf einen räumlichen ‚Herrschaftsbereich’ – also einen umgrenzten geografischen Raum – als auch auf eine Gruppe von Menschen. Sind diese Gruppierungen und ‚Bereiche’ einfach deckungsgleich mit den biopolitischen Regimes, die sich darauf konzentrieren zu zählen, zu zergliedern, zu unterteilen, einzuschließen und auszuschließen? Wie sehen die alltäglichen mikropolitischen Beziehungen, Wünsche und Bewegungsmuster jener Menschen aus, die in diesen Jurisdiktionen leben? In welcher Form kann man diese Räume unter topologischen anstatt unter topografischen Aspekten abbilden? Wäre es möglich, eine Geografie von ‚Orientierungen, Richtungen, Zugängen und Ausgängen’ sichtbar zu machen?

Europäische Abkommen über Regionalautonomien oder sprachliche Minderheiten sind nicht nur in umstrittenen europäischen Randregionen wie Nordirland und Ex-Jugoslawien ein Thema, sondern auch in der Region Tirol, mitten im ‚Zentrum‘ Europas. Könnten so komplexe Territorien und historische Entwicklungen einen Gegenpol im Hinblick auf die alarmierende Zunahme rechtskonservativer Diskurse über Nationalismus, Einwanderungsverbote und Protektionismus im so genannten ‚Europa der Austerität’ darstellen?“

In ihrer Arbeit im Künstlerhaus Büchsenhausen verband Susan Kelly Sprache und Klang, zeichnerische Mittel und unterschiedliche Arten performativer Forschung, um die Entstehung der oben angeführten impliziten räumlichen Topologien, Bewegungen und Richtungen verständlich zu machen und abzubilden.

Susan Kelly hielt im Sommersemester 2012 am Institut für Architekturtheorie der Universität Innsbruck das Seminar Jurisdictions: Experiments in the Topographies and Topologies of Tyrol. Weiters präsentierte sie im Seminar Literaturtheorien – Öffentlichkeit/en von Julia Prager der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft, Institut für Sprachen und Literaturen der Universität Innsbruck, inhaltliche Schwerpunkte ihrer Arbeiten und Arbeitsweisen.

Susan KELLY ist Künstlerin, Autorin und Universitätslektorin und lebt derzeit in London. Sie schreibt, gestaltet Performances, Kunst im öffentlichen Raum und Installationen und unterrichtet als Lektorin für Fine Art and Visual Cultures am Goldsmiths College der University of London. Kelly ist als Solokünstlerin und in Kooperation mit der Micropolitics Research Group, dem Carrotworkers‘ Collective und der Precarious Workers Brigade tätig. Im Laufe der vergangenen zehn Jahre hat ihre Arbeit sie unter anderem nach Belfast, New York, Toronto, Helsinki, St. Petersburg, Krasnojarsk, Tallin, Zagreb und Innsbruck geführt.