Beyond Biotourism: Cross-Pollinations between Art and Medicine
Das Symposium Beyond Biotourism: Cross-Pollinations between Art and Medicine fand im Vorfeld der und komplementär zur Ausstellung Auto/Pathographies statt. Kam es in den vergangenen Jahren zu gegenseitigen Befruchtungen zwischen künstlerischen und medizinischen Formen der Repräsentation, so kreisten diese meist um die anhaltende Faszination der „Visualisierung des Realen“. Kunstausstellungen wie auch Fernsehserien stellten zunehmend die verborgenen Landschaften des menschlichen Körpers dar und präsentierten sie als unerforschte Territorien, offen dem forschenden Blick des ungeschulten Auges dargeboten. Dank seiner Verbreitung, z. B. im Zuge von Orlans berüchtigten und live um die Welt übertragenen Vorführungen von Schönheitsoperationen und der Zurschaustellung vor ZuseherInnen von tatsächlichen écorchés in Wanderausstellungen durch Körperwelten, ist „Biotourismus“ heute allen zugänglich.
(Anm.: Biotourismus ist die „Transformation von Körpern in Landschaften, ihre Neu-Erschaffung als Bio-Landschaft für imaginäre Reisen und die Errichtung von Regimen von Wahrheit und Wissen, indem man das Unsichtbare sichtbar macht“. Übersetzt aus Kim Sawchuk, Parables of a Biotourist, HorizonZero 6, 01/2003)
Während das Versprechen einer „Offenlegung des Realen“ die Anziehungskraft auf die allgemeine Öffentlichkeit von Darstellungen basierend auf medizinischen Vorgängen erklären mag, bleibt das Interesse an solchen Praktiken jedoch keineswegs auf ihren exhibitionistischen Reiz beschränkt. Jenseits des Spektakels von verborgenen Anatomien bergen die Wechselwirkungen zwischen Kunst und Medizin das Potenzial zu kritischen Erkenntnissen zu den Annahmen, die die Fundamente der beiden Disziplinen bilden. Was mögen etwa die visuellen Epistemologien der Medizin über die Prozesse verraten, die der künstlerischen Praxis zugrunde liegen? Kann die Kunst andererseits, wenn sie in die medizinische Sphäre integriert wird, über ihre herkömmlichen ästhetischen oder sogar therapeutischen Funktionen hinausreichen? Beyond Biotourism versammelte Darstellungen von ForscherInnen aus dem Gebiet der Medical Humanities, deren Untersuchungen zu spezifischen Beispielen der Befruchtung zwischen Kunst und Medizin den Rahmen bilden, um sich diesen Fragen zu widmen.
Tamar Tembeck
Programm:
• Tamar Tembeck: Introduction: Beyond Biotourism
• Cornelius Borck: Fast Nichts: Über das Unscheinbare in Kunst, Medizin und Wissenschaft
• Christina Lammer: Skalpellmalerei: Günter Brus’ Narbenlehre
• Vincent Barras: Glossolaly, Hallucination and Modernity – On Sound and Visual Practices in Medicine and Art
Tamar TEMBECK lebt und arbeitet als Kunsthistorikerin, Autorin und Performancekünstlerin in Montreal. PhD in Art History an der McGill University in Montreal mit dem Dissertationsthema Performative Autopathographies: Self-Representations of Physical Illness in Contemporary Art. Seit 2003 ist Tamar Tembeck auch als Kunsttherapeutin für Dr. Clown in Krankenhäusern, Langzeiteinrichtungen und Rehabilitationszentren in Montreal tätig.
www.tembeck.org
Vincent BARRAS ist Professor für Medizingeschichte an der Universität Lausanne. Neben den Forschungsschwerpunkten Theorie des Körpers, der Medizin und der Psychiatrie zählt das Kuratieren von Literatur- und Performance-Events zu seinen Hauptinteressen.
Cornelius BORCK ist Direktor des Instituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität zu Lübeck. Seine Arbeitsschwerpunkte sind u. a. Körper, Geist und Selbst in Zeiten biomedizinischer Visualisierungsverfahren; historische Epistemologie und Medientheorie; Mensch-Maschine-Verhältnisse in Kunst und Wissenschaft.
Christina LAMMER, Soziologin, Kommunikations- und Kulturwissenschaftlerin, lebt und arbeitet in Wien. Sie beschäftigt sich mit der Visualisierung des menschlichen Körpers in der Medizin, in der bildenden Kunst und im Film.
Veranstaltungsort
Künstler*innenhaus Büchsenhausen