Mona Vătămanu & Florin Tudor: The Trial

Ausstellung, Stadtturmgalerie, 17.11. – 10.12.2005
Künstlergespräch, Stadtturmgalerie, 17.11.2005

Mona Vătămanu & Florin Tudor beschäftigten sich mit Formen und Funktionen serieller (Wohn-)Architektur und der davon geprägten urbanen Lebensumgebung. Gleichermaßen in der Architektur- und Kunstszene verwurzelt, galt das Interesse von Vătămanu und Tudor zum damaligen Zeitpunkt der Dokumentation und der künstlerischen Aufarbeitung modernistischer – und damit auch postkommunistischer – Architektur der Nachkriegszeit, deren gebaute Präsenz heute weiterhin das Leben von Millionen von Menschen prägt und strukturiert. Die Ausstellung präsentierte Arbeiten, die diesbezügliche visuelle Recherchen in Österreich, Rumänien und Norwegen mit autobiografischen Reflexionen verbanden.

Ausgestellte Arbeiten

The Trial (Der Prozess, 2005) ist vordergründig ein Film über den kurzen Prozess, der Nicolae und Elena Ceauşescu gemacht wurde, bevor sie am 25. Dezember 1989 exekutiert wurden. Die Dauer des Films gibt die Tonebene vor, auf der eine Stimme das Protokoll des Dialogs zwischen Anklage und Angeklagten vorliest. Dieser von der aggressiven Anklage bestimmte Ablauf wird von einer Kamerafahrt durch die vom sozialistischen Regime errichteten Wohnbezirke Bukarests begleitet. Aus einem Dacia 1300 (ein Auto, das in Rumänien als ein Symbol jener Jahre angesehen wird) im Stil damaliger sozialistischer TV-Reportagen gedreht, kehrt der Film die Anklage gegen die Diktatoren in eine Reflexion über die immer noch brisante Aktualität jener Ereignisse und eine Kritik am Stillstand in der urbanistischen Entwicklung Bukarests heute um.

Die Installation The Rain (Der Regen, 2005) thematisiert den Einfluss überbordender Serialität der Städte und ihrer Vororte auf Organisationsprozesse der Erinnerung. Auf einem einfachen Tisch finden sich Zeichnungen von Bukarester Wohnblockstrukturen, die Vătămanu und Tudor aus der Erinnerung gezeichnet haben. In der dazugehörigen Videoprojektion sieht man Florin Tudor, wie er versucht, eine solche Zeichnung anzufertigen, während der strömende Regen über ihm die Zeichnung und das Papier zerstört. Das auf Super-8-Film gedrehtes Stück ist auch eine bewusste Referenz an Marcel Broodthaers, einem Künstler, der Film als ein System des gleichzeitigen Aufschreibens und Löschens verstand, und dessen Arbeit La Pluie (Projet pour un texte) aus dem Jahr 1969.

Persepolis/Living Units (2002–05) war eine Auswahl aus einer fortwährenden fotografischen Recherche, die ursprünglich das post-sozialistische, seit 2004 auch das westliche Leben und Wohnen in und mit serieller Architektur untersucht. In dieser Ausstellung wurden einigen Bukarester Situationen, der Wiener Wohnpark Alterlaa (ein typisches Beispiel für die Wohnbauplanung Ende der 1960er-Jahre) und die norwegische Stadt Bergen (ein Beispiel serieller Wohnarchitektur, die in die Naturumgebung eingebettet wurde) gegenübergestellt. Die Fotos wurden von persönlichen Kommentaren der Künstler:innen in Schreibmaschinenschrift begleitet.

Mona Vătămanu (*1968) und Florin Tudor (*1974) arbeiten seit 2000 zusammen. Zahlreiche internationale Ausstellungen seit 2004, solo unter anderem im Frankfurter Kunstverein (2013), der Wiener Secession (2009), BAK Utrecht (2009). TeilnehmerInnen u. a. an der 5. Berlin Biennale (2008) und der Biennale von Venedig (Rumänischer Pavillon, 2007). Vătămanu & Tudor leben und arbeiten in Bukarest.
www.monavatamanuflorintudor.ro

Veranstaltungsort

Stadtturmgalerie