Politics of Corn. Cultivating Crops—Planting Identities

Sasha Baydal

Tatiana Fiodorova-Lefter: "8 Hours of Work", Performance, National Art Museum of Moldova, 2023

In ihrer künstlerischen Arbeit in Büchsenhausen mit dem Titel In Ruins/“In Search of Identity“ untersucht Tatiana Fiodorova-Lefter die Komplexität und Vielfalt ihrer Identität anhand dekolonialer Diskurse und Schriften. Als Künstlerin aus der Region Moldau, die in Südosteuropa/Bessarabien/Sowjetunion geboren und aufgewachsen ist, sieht sie sich mit vielen Fragen zu ihrer Identität und Zugehörigkeit konfrontiert, die durch historische Umstände wie den Einfluss verschiedener Imperien auf kulturelle Traditionen sowie durch ideologische Faktoren, die das öffentliche Bewusstsein in dieser Region geprägt haben, bedingt sind.

Im Rahmen der Fokusweeks 2024 lädt Tatiana zwei Gäst:innen ein, über diese Fragen nachzudenken: Der rumänische Philosoph und Autor für kritische Gesellschaftstheorie und dekoloniales Denken Ovidiu Ţichindeleanu und der:die queere Kurator:in, Forscher:in und Autor:in Sasha Baydal werden sich in zwei öffentlichen Veranstaltungen auf ihre Arbeit beziehen. Auch wird Tatianas Interesse an Mais- und Brennnesselpflanzen miteinbezogen, die aus ihrer Sicht eine Verbindung zwischen Mensch, Land und den Traditionen der bessarabischen Region darstellen und auch als Verbindung zu den Ahnen dienen.

 

Politics of Corn. Cultivating Crops—Planting Identities

Talk and discussion with Sasha Baydal

DIESE VERANSTALTUNG IST HYBRID. Sie können entweder vor Ort im Künstler:innenhaus Büchsenhausen teilnehmen oder die Veranstaltung online, über Zoom und Facebook, verfolgen. Den Zoom-Link erhalten Sie nach der Anmeldung über Eventbrite.

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Als Antwort auf Tatiana Fiodorova-Lefters Forschungsarbeit In Ruins/“In Search of Identity“ wird Sasha Baydal die Beziehung zwischen Identitätskonstruktion und kolonialer Expansion hinterfragen und sich dabei insbesondere auf kulturelle und agrikulturelle Maßnahmen, die Produktion ihrer visuellen Repräsentationen sowie ihre Integration in das Alltagsleben konzentrieren. Da kultureller und wirtschaftlicher Kolonialismus Hand in Hand gehen, verändern sie bestehende Beziehungen und Praktiken und schaffen neue Formen dessen, was der aus Martinique stammende Umweltingenieur und Politikwissenschaftler Malcolm Ferdinand als „koloniale Besiedlung“ bezeichnet. Diese Sichtweise lässt sich auf alle Aspekte des Lebens anwenden, inklusive kultureller Praktiken und der Landwirtschaft. Durch die Untersuchung spezifischer Fälle und Kulturen in ehemals „postsozialistischen“ Ländern in Europa und Zentralasien und ihrer Bewegungen sowie durch deren Einbettung in einen breiteren postkolonialen Kontext wird der Vortrag nicht nur die vielfältigen, sich wandelnden und widersprüchlichen Identitäten innerhalb dieser Regionen, sondern auch die Verbindungen zwischen kolonialen Projekten über geografische Grenzen hinweg aufzeigen.

Zu Beginn wird Tatiana Fiodorova-Lefter einen Überblick über ihr Projekt geben und sich dabei auf Aspekte kultureller Identität konzentrieren, indem sie ihre moldauisch-ukrainischen Wurzeln im historischen Kontext der Region Bessarabien neu interpretieren wird. Aufgewachsen im städtischen, sowjetischen Umfeld von Chişinău, wird sie über ihr jüngstes Eintauchen in das Landleben und die Landwirtschaft sprechen, einschließlich des Maisanbaus – eine Tradition, die sie von ihren Eltern und Vorfahren ”geerbt” aber vergessen hatte und nun wieder aufleben lässt.

Tatiana Fiodorova-Lefter ist eine Künstlerin, Kulturarbeiterin, Kuratorin und Dozentin aus der Republik Moldau. Als Künstlerin verwendet sie eine Vielzahl von Medien, darunter Zeichnung, Malerei, Installation, Fotografie und Performancekunst, macht Künstler:innenbücher und realisiert interdisziplinäre Projekte. Mithilfe partizipativer sozialer Praktiken setzt sie sich, bisweilen kommentierend, mit zeitgenössischen, politischen, und sozialen Themen auseinander. Ausgehend von ihrem Interesse an sozialer und politischer Geschichte konzentriert sie sich auf den postsowjetischen Übergang sowie auf Fragen von Geschlecht und postsowjetischer Identität und beschäftigt sich mit Fragen des Kolonialismus und der Globalisierung. Die Künstlerin positioniert sich selbst als postsozialistisches Subjekt, sie schreibt sich ein in einen kritischen Diskurs zum Verständnis ihrer Identität durch die postsowjetische Erfahrung im Rahmen der alltäglichen globalen Kolonialität, die sie als integrales Merkmal der Moderne begreift. Dieses Subjekt, so Fiodorova-Lefter, findet sich in einer sich rasch verändernden postkapitalistischen Welt wieder, die in den vergangenen drei Dekaden kolossale widersprüchliche und komplexe Transformationen erlebt hat. Mit ihrer kritischen Betrachtung der Zuordnung eines jeden Menschen an einen bestimmten Platz in der bestehenden Welthierarchie hinterfragt die Künstlerin ihre Rolle in dieser neuen globalen Weltarchitektur. Seit 2008 präsentiert sie ihre Arbeiten in Einzel- und Gruppenausstellungen und auf Festivals in Europa. 2023 gründete sie das Nomad Bureau for Art Research – eine Plattform bzw. einen von Künstler:innen betriebenen nomadischen Raum in Chişinău.
www.tatianafiodorova.wordpress.com
https://www.instagram.com/tfiodorova_lefter/

Sasha Baydal identifiziert sich als interdependente:r Kunstschaffende:r und osteuropäische:r Queer. Deren Praxis als Kurator:in, Forscher:in und Autor:in dreht sich um die Erfahrung der Vertreibung, ein spezifisches kulturelles Gedächtnis der sozialistischen Vergangenheit und Gedächtnisverlust sowie um die Geschichte der Familie, die von verschiedenen Formen erzwungener Mobilität geprägt ist. Deren Arbeit ist von postkolonialen und queeren Theorien sowie von dekolonialen Ansätzen beeinflusst und beinhaltet alltägliche Praktiken der Erinnerung, des Gedenkens und der Dekolonisierung. Baydal hat unter anderem mit dem Centre Pompidou in Paris, dem HISK in Gent, dem Mudam in Luxemburg, dem Triangle-Astérides in Marseille, dem Capc Museum in Bordeaux, dem Lviv Municipal Art Center und der Pickle Bar by Slavs and Tatars in Berlin zusammengearbeitet, um Ausstellungen, diskursive Programme, Performances, Workshops und Texte zu realisieren.

Veranstaltungsort

Künstler:innenhaus Büchsenhausen
Weiherburggasse 13, 6020 Innsbruck

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