Sezgin Boynik
The Art of Slogans
Sezgin Boynik führte seine Arbeit aus jüngerer Zeit fort, die sich mit der Verwendung von Slogans in der zeitgenössischen (Konzept-)Kunst befasst. Den Ausgangspunkt bildete die Annahme, dass „linguistische Postulate“ für die meisten Theorien und Praktiken der Konzeptkunst konstitutiv sind. Um sich diesen Postulaten in praktischer Weise anzunähern, stellte Boynik eine These auf, die es uns vielleicht ermöglicht, auf pragmatische Weise mit Sprache umzugehen, das heißt, sich mit den „performativen“ Aspekten von Sprache zu befassen, um zu den „konstativen“ Aspekten von Konzeptkunst zu gelangen. Der beste Weg, um dieses Ziel zu erreichen, sei, so Boynik, die Beziehung zwischen Kunst und Slogans zu untersuchen. Damit sind sowohl Slogans des Kunstdiskurses gemeint als auch politische Slogans, mit denen die Kunst sich befasst. Nach Boyniks Ansicht „verkörpern Slogans die fundamentalsten Schwierigkeiten im politischen Gebrauch von Sprache: Sie zeigen die Widersprüche zwischen ‚performativen‘ und ‚konstativen‘ Aspekten auf; sie sind ein Produkt kollektiver Transformationen und als solche halten sie die meisten sozialen Veränderungen fest (‚Slogans haben ihre eigene Geschichte‘); sie sind formale und synthetische Erzeugnisse, die eine Systematisierung künstlerischer Kreativität erlauben; und – der wichtigste Punkt – sie schreiben eine Wahrheit vor, die intellektuelle (theoretische oder konstative) Abstraktion nicht ausschließt.“ Während seiner Zeit als Fellow in Büchsenhausen vertiefte Boynik seine Arbeit zur Kunst der Slogans in drei Bereichen:
– im Bereich der Theorie durch genauere Erforschung linguistischer Herangehensweisen im Umgang mit Kunst, mit Schwerpunkt auf Arbeiten des russischen Formalismus der 1920er- und 1930er-Jahre
– im Bereich der Kunstgeschichte, um die Bedingungen der von Art & Language gepflogenen Praxis des „Indexing“ sowie die Unterschiede zu anderen Praktiken der Konzeptkunst, die Sprache als Material gebrauchen, zu verstehen
– im Bereich der Praxis, um Möglichkeiten zu finden, diese theoretischen und historischen Untersuchungen zu Slogans auf spezifischere soziale oder politische Themen im Zusammenhang mit jugoslawischer Kunst anzuwenden.
Sezgin Boynik ist als Soziologe und Autor in Helsinki tätig. Er studierte Soziologie an der Istanbuler Mimar Sinan Universität (Abschluss 2003 mit einer Arbeit über die Situationistische Internationale) und an der Universität von Jyväskylä in Hel-sinki, Abteilung für Sozialwissenschaften und Philosophie (PhD, Abschluss 2014). Als Autor und Herausgeber von Magazinen im Bereich Kunst und Kulturwissenschaften verfasste er unter anderem Texte über die subversiven Widerstandsbewegungen im Jugoslawien der 1960er- und 1970er-Jahre, zu radikalen politischen Ideen und über das politische Kunstkollektiv „Neue Slowenische Kunst“. Boynik ist Mitverfasser des experimentellen Buchs Counter-constructivist Model (La Fontaine Stories for Immigrants) paper-film in nine acts (gemeinsam mit Minna Henriksson, 2012), außerdem Mitherausgeber der kritischen Anthologie Contemporary Art and Nationalism (ebenfalls mit Minna Henriksson, 2007), sowie von History of Punk and Underground Resources in Turkey 1978–1999 (gemeinsam mit Tolga Güldalli, 2007).