Dispossession Is Not ‘Theft:’ A New Critique of Dispossession, from the 1690s
David KAZANJIAN
Enteignungstheorien werden heute häufig als Antworten auf die Frage angeboten, warum nur wenige Menschen alles besitzen, während der Rest für diese Besitzenden arbeiten muss, um überleben zu können. Im Kapitalismus, so lautet häufig die Antwort, hat die besitzende Klasse ihr Eigentum von den Ausgebeuteten gestohlen. Wenn wir uns besondere Enteignungsszenarien aus der Ära näher anschauen, die Marx die „sogenannte ursprüngliche Akkumulation“ nannte, finden wir granulare Dynamiken, die zu komplex sind, als dass sie sich als reinen Landdiebstahl oder als Diebstahl von Arbeit oder Körpern von den Enteigneten durch jene, die die Enteignung ausführen, beschreiben ließen. Dies soll jedoch nicht heißen, dass ein solcher Diebstahl nicht vorkommt. Es bedeutet eher, dass das Modell des „Diebstahls“ ein begrenztes Verständnis dafür anbietet, wie eine Enteignung stattfindet. Folglich erfasst dieses Modell auch die politische Dynamik der Reaktionen auf Enteignung durch die Enteigneten in keiner adäquaten Weise. In seinem Vortrag wird David KAZANJIAN darlegen, wie Fälle aus den 1690er-Jahren subalterne, afro-indigene Theorien der Enteignung anbieten, die weder der aktuellen These der „Akkumulation durch Enteignung“, noch dem gegenwärtig hochgefeierten „Commoning“ entsprechen.
Die Veranstaltung findet im Kontext der künstlerischen Investigation Third Person (Plural) (2017-19) von Aikaterini GEGISIAN und in Kooperation mit dem Zentrum für Interamerikanische Studien (ZIAS) der Universität Innsbruck statt.
Der Vortrag findet in englischer Sprache statt.
Aikaterini GEGISIAN ist griechisch-armenischer Herkunft; sie lebt und arbeitet zwischen Großbritannien und Griechenland. Aufbauend auf ihrem Beitrag im armenischen Pavillon bei der 56. Biennale von Venedig (2015, Goldener Löwe für die beste nationale Teilnahme), hat sie in den letzten beiden Jahren eine Reihe von Auftragsarbeiten entwickelt, die die Rolle von Bildern bei der Konstruktion nationaler und genderspezifischer Identitäten erkunden. Sie wurden unter anderem im Jüdischen Museum, Moskau; dem National Arts Museum of China, Peking; dem Middlesbrough Institute of Modern Art,UK; im BALTIC, Newcastle; in der Calvert 22 Foundation, London; in der Kunsthalle Osnabrück; im DEPO, Istanbul; und dem Yermilov Centre, Ukraine gezeigt. 2018 war sie Research Fellow in der Library of Congress, Washington DC. Gegisian war Büchsenhausen Fellow im jahr 2018-19.
gegisian.com
David KAZANJIAN ist Professor für Englisch und Komparatistik an der University of Pennsylvania sowie Co-Direktor des Tepoztlán Institute for Transnational History of the Americas. Seine Forschungsbereiche sind transnationale amerikanische literarische und historische Studien im 19. Jahrhundert, lateinamerikanische Studien, politische Philosophie, Kontinentalphilosophie, Kolonialitätsdiskurse und die amerikanische Diaspora.
Derzeit arbeitet er an zwei Buchprojekten: Im ersten setzt er dem melancholisch-nationalistischen Verständnis des Armenier-Genozids in der gegenwärtigen Diaspora Formen radikaler Ästhetik derselben Diaspora entgegen. Im zweiten befasst er sich mit anti-fundamentalistischen Enteignungstheorien im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert in Regionen der afro-indigenen Atlantikküste.
Veranstaltungsort
Kunstpavillon