Is “Sorry” Enough?
Partizipativer Workshop mit Suzana MILEVSKA (Fellow)
Der Rechercheabschnitt von Suzana MILEVSKAs Projekt Ethical and Aesthetical Protocols of Apology wird am Freitag, 1. April 2022, 16.00 – 19.00 Uhr mit einem partizipativen Workshop im Künstlerhaus Büchsenhausen abgerundet. Der Workshop fokussiert auf die Überschneidungen zwischenmenschlicher Entschuldigungspraxis mit öffentlichen und kollektiven Entschuldigungen, die von Institutionen, Regierungen oder anderen politischen Gremien ausgesprochen werden. Der Workshop findet vor dem Hintergrund der #metoo-Bewegung statt und betrachtet aktuelle öffentliche Entschuldigungen verschiedener politischer Entscheidungsträger:innen, die entweder für deren eigene Verfehlungen oder im Namen früherer Regierungen für vergangenes Unrecht artikuliert werden und die sich an verschiedene Gemeinschaften und Personengruppen richten, deren Rechte missachtet wurden. Den Ausgangspunkt bilden die anhaltenden Forderungen nach längst überfälligen Rückgaben von enteignetem Land und der Umbenennung einschlägiger Denkmäler, Gebäude oder Ortsnamen, sowie die Aufforderung, geplünderte Gegenstände, Gebäude und anderes Eigentum zurückzugeben, zu repatriieren, zu restituieren, Schäden aller Art generell wiedergutzumachen. Diese Forderungen sollen schließlich als Motivation für tiefgreifende Überlegungen zu verschiedenen Entschuldigungsprotokollen dienen. Folgende Fragen werden im Kontext des Workshops diskutiert: Was erwarten wir gegenwärtig von einer Entschuldigung? Werden Entschuldigungen überbewertet? Dienen sie nur als „Betäubungsmittel“, wie Seraphine APPEL im zweiten Teil der Veranstaltungsreihe es formulierte? Was kommt nach der Entschuldigung, und was passiert, wenn die Entschuldigung unterlassen wird? Gibt es eine andere Möglichkeit, Reue zu zeigen und um Vergebung zu bitten, wenn die ursprüngliche Gelegenheit hierfür verpasst wurde?
Der Workshop wurde als eine Art „Entschuldigungslabor“ konzipiert: Die Teilnehmer:innen werden eingeladen, ihre fachlichen Meinungen über die Relevanz der Entschuldigung in der heutigen Zeit in einem intimen Rahmen (kein Streaming) auszutauschen und gegebenenfalls ihre persönlichen Erfahrungen mit der sozialen und emotionalen Wirkungskraft der Entschuldigung zu teilen. Im Zuge der daraus entstehenden Diskussion sollen idealerweise die Bedeutung des Zeitpunkts, des Wortlauts und andere Details entschlüsselt werden, die eine erfolgreiche Entschuldigung ausmachen. Schließlich werden die Debatten dazu beitragen, eine diskursive Landkarte der „Apologoscapes“ zu erstellen.
ANMELDUNG:
Wenn Sie Interesse haben, bei der Erstellung einer vielschichtigen persönlichen und geopolitischen Apologoscapes-Karte mitzuwirken, schreiben Sie an office(at)buchsenhausen.at. Senden Sie zusätzlich zu Ihren Kontaktdaten bitte einen kurzen Absatz ein, in dem Sie Ihre beruflichen Interessen beschreiben und angeben, welche(r) Aspekt(e) der Entschuldigung Ihr Interesse an der Teilnahme an dem Workshop geweckt hat/haben (persönliche Entschuldigung, kollektive und/oder politische Entschuldigung, öffentliche Entschuldigung im Kontext der Populärkultur usw.). Die Teilnahme ist kostenlos, die Plätze sind jedoch begrenzt. Wir freuen uns über Ihr Interesse!
Suzana Milevska ist Kuratorin und Theoretikerin für Kunst und visuelle Kultur und lebt in Skopje, Nordmazedonien. Ihre theoretischen Forschungsprojekte befassen sich mit postkolonialer und feministischer Institutionskritik an hegemonialen Repräsentationsregimen im Bereich Kunst und visuelle Kultur sowie mit der Dekonstruktion und Dekolonisierung von umstrittenem kulturellen Erbe in Kunstinstitutionen, Sammlungen und öffentlichen Räumen. Ihre kuratorischen Projekte befassen sich mit kollaborativen und partizipatorischen Kunstpraktiken, feministischen Projekten von Künstlerinnen, die sich mit visuellen Mikrogeschichten in historischen und familiären Fotoarchiven befassen sowie mit gemeinschaftsbasierten Projekten in Solidarität mit marginalisierten und entrechteten Gruppen.
2019 kuratierte Milevska die Ausstellung Contentious Objects/Ashamed Subjects an der Polytechnischen Universität Mailand als Principal Investigator von TRACES – Transmitting of Contentious Cultural Heritages with the Arts – From Intervention to Co-production (EU-Programm Horizon 2020, 2016-2019). Von 2013 bis 2015 war sie Stiftungsprofessorin für mittel- und südosteuropäische Kunstgeschichte an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Milevska war ein Fulbright Senior Research Scholar (Library of Congress, Washington D.C.). Sie promovierte in Visual Cultures am Goldsmiths College London. Im Jahr 2012 wurde sie mit dem ALICE Award for Political Curating und dem Igor Zabel Award for Culture and Theory ausgezeichnet. Ihr Forschungs- und Kurationsprojekt The Renaming Machine (2008-2011, Ljubljana, Skopje, Pristina, Zagreb, Wien) befasste sich mit der Politik und Ästhetik der Umbenennung, der Neuschreibung von Geschichte und Erinnerung in der Kunst und im öffentlichen Raum in Süd- und Osteuropa. Im Jahr 2010 initiierte Milevska das Projekt Call the Witness, das sich auf zeitgenössische Roma-Künstler:innen konzentrierte und aus einem partizipativen Online-Roma-Medienarchiv, der Ausstellung Call the Witness (BAK Utrecht) und dem Roma-Pavillon auf der 54. Biennale Venedig (Palazzo Zorzi, Venedig) bestand. Im Jahr 2011 kuratierte sie außerdem das Projekt Roma Protocol, Wiener Festwochen, Österreichisches Parlament, Wien.
Zu Milevskas Veröffentlichungen zählen Gender Difference in the Balkans (VDM Verlag, 2010), und die Hefte The Renaming Machine: The Book (P.A.R.A.SI.T.E. Institute, 2010), On Productive Shame, Reconciliation, and Agency (SternbergPress, 2016) und Inside Out – Critical Discourses concerning Institutions (herausgegeben zusammen mit Alenka Gregorič, 2016).
Veranstaltungsort
Künstler*innenhaus Büchsenhausen