Kristina Inčiūraitė

BADEHAUS - BATHHOUSE

Kristina Inčiūraitė untersucht in ihren Videoarbeiten Merkmale weiblicher Identität. Als Ausgangspunkt der Auseinandersetzung dient die Beobachtung, dass gegenwärtige gesellschaftliche Rollenbilder der Frau nach wie vor von blickheischenden – sprich: männlichen – Stereotypen bestimmt werden. Die Kritik an diesem Repräsentationsmuster findet bei Inčiūraitė unter dem Einsatz dokumentarischer Stilmittel vor dem Hintergrund historischer Frauenschicksale statt, deren Aktualität heute als obsolet erscheint bzw. erscheinen könnte. Diese Betrachtung von Frauendiskursen aus historischer Perspektive setzte sich in dem Video Badehaus – Bathhouse, das während ihres Aufenthalts im Künstlerhaus Büchsenhausen produziert wurde, fort.

Den Ausgangspunkt des Videos Badehaus – Bathhouse bildete der Film Ekstase (1933) mit der österreichischen Schauspielerin Hedwig Eva Maria Kiesler, die später in Hollywood als Hedy Lamarr Berühmtheit erlangte. Ekstase zeigt die damals zwanzigjährige Schauspielerin in einer zehn Minuten dauernden Schwimmszene in voller Nacktheit. Als der Film in die Kinos kam, schockierte diese Szene ganz Europa und nicht zuletzt ihren damaligen Ehemann, den österreichischen Industriellen Fritz Mandl, der vergeblich versuchte, alle Kopien des Films aufzukaufen.

In dem Versuch, die skandalträchtige Atmosphäre des Films neu zu erschaffen, wählte Inčiūraitė als visuelles Leitmotiv die städtische Badeanstalt in der Innsbrucker Salurner Straße. Diese Badeanstalt galt zur Zeit ihrer Eröffnung 1927 als eines der schönsten und modernsten Bäder Österreichs. Das Video kombiniert Aufnahmen des leeren Innenraums mit persönlichen Stellungsnahmen junger Schauspielstudentinnen des Schauspielforum Tirol zu folgenden Fragen: Wie denken zukünftige Schauspielerinnen über Nacktheit? Welche Verbindung besteht zwischen Erotik und Schamgefühl? Könnten sie eine Nacktszene in einem Schwimmbad darstellen? Könnte ihnen jemand das verbieten? Obwohl das Video viel über Körper und Erotik erzählt, sind die Protagonistinnen selbst nicht sichtbar. Die körperbezogene Narration findet primär auf der Sprachebene statt, deren Dynamik zu den statischen, minimalistischen und bisweilen erstarrten Bildern des Videos kontrastiert.

Kristina Inčiūraitė (*1974) lebt in Vilnius/LT. Ihre Videoarbeiten protokollieren und reflektieren soziale und psychologische Veränderungen in der litauischen Gesellschaft nach der Sowjetära, indem sie persönliche Erinnerungen zum Thema machen und Auffassungen von weiblicher Identität untersuchen.
www.inciuraite.lt