Agil Abdullayev
0 Feet Away
0 Feet Away ist ein umfassendes vierjähriges Feldforschungsprojekt über die queere Cruising-Kultur in Aserbaidschan sowie in einigen Nachbarländern in der Kaukasus-Region und in Zentralasien. Der Begriff „Cruising“ bezeichnet die Suche homosexueller Männer nach Sex-Begegnungen in öffentlichen beziehungsweise diskret ausgewiesenen privaten Räumen. In den vergangenen vier Jahren hat sich Agil auf Reisen begeben und rund dreißig solcher Sex-Spaces in den oben genannten Ländern besucht. Ziel war es, aussagekräftige Daten über den Betrieb dieser Räume sowie deren Bedeutung zur Stärkung queerer Communities, für die Bereitstellung sicherer Zufluchtsorte und für die LGBTQ+ Befreiung insgesamt zu sammeln.
Die Recherche befasst sich mit den verschiedenen Facetten des Cruisings in zutiefst repressiven Gesellschaften, in denen homosexuelle Verhaltensweisen nach wie vor diskriminiert werden. Insbesondere geht es darum zu verstehen, wie Homosozialisierung und Sex-Positivity als wichtige Säulen im Hinblick auf die Fürsorge queerer Communites und der Förderung der Sexualerziehung wirken. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass sich diese Cruising-Treffpunkte in der Regel nicht in Bars befinden, sondern aufgrund der vorherrschenden, gegen Homosexualität gerichteten Gesetze nur den Mitgliedern der Community bekannt sind. Dementsprechend bleiben Cruising-Interaktionen versteckt und finden an Orten wie schlecht beleuchteten Straßen, Parks, Gärten und Toiletten statt. Agil hat diese Orte persönlich aufgesucht und deren Erfahrungen und Beobachtungen in Interviews, Gesprächen und visuellen Aufnahmen akribisch festgehalten.
Im Rahmen der Büchsenhausen Fellowship wird Agil einen Film produzieren, der auf dieser Recherche basiert. Der Film soll einen oftmals übersehenen Aspekt des queeren Lebens beleuchten und seltene Einblicke in die Herausforderungen und Triumphe queerer Communities in restriktiven kulturellen Kontexten bieten. Indem 0 Feet Away die Dynamik des Queer-Cruising in diesen Regionen zeigt, trägt der Film zu einem nuancierteren Verständnis von LGBTQ+-Themen und der Bedeutung von Safe Spaces und gemeinschaftsbildenden Initiativen bei.
Text: Agil Abdullayev
Agil Abdullayev ist ein:e interdisziplinäre:r Künstler:in aus Aserbaidschan. Agil übt deren Tätigkeit in Form von Film, Malerei und Performance aus. In deren semi-biografischer Praxis untersucht Agil die nicht ausreichend dokumentierte queere Geschichte des Südkaukasus und deren Formung durch soziopolitische Einflussnahme in Aserbaidschan und anderen südkaukasischen Ländern. Agils Filme lesen den queeren Körper als ein Archiv, das queere Ängste anspricht; sie verweisen auf Eskapismus und queere Utopien und zielen darauf ab, einen Möglichkeitsraum zu schaffen, in dem Darstellungen queerer Erzählungen unterbrochen, neu artikuliert und neu erfunden werden können.
Agil hat einen BA in Bildender Kunst von der Nottingham Trent University und nahm an der Skowhegan School of Painting and Sculpture teil. They wurde von der Prince Claus Foundation und dem SudKultur Fund ausgezeichnet und hat auf der Liverpool Biennale, der Wrong Biennale, in der South London Gallery, der Photographers‘ Gallery, in der Tate Modern, dem Asian Art Museum, dem Peabody Essex Museum, dem Goethe Institut in Baku und Tiflis und dem MoMA Tiflis ausgestellt.
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