Rosalyn D’Mello

Maria Oberhofer, genannt Maridl, beim Ansetzen von Sauerkraut für die Fermentierung im November 2020 in Tramin, Südtirol. Foto: Rosalyn D'Mello.

In the Name of the Mother

In ihrer spekulativen künstlerischen Investigation konzentriert sich Rosalyn D‘Mello auf das „Studium“ der „Kunst“ von (verheirateten oder unverheirateten) sogenannten Hausfrauen, Mystikerinnen und „alten Jungfern“. Ihr Ansatz ist die Überschreitung nationalstaatlicher Weltordnungssysteme, die danach trachten, weibliche und feministische künstlerische Praxen zu isolieren und nur selten die Vorstellung von grenz- und zeitübergreifenden Diskursen zulassen. Teils strukturiert, teils intuitiv, teils durch Verkörperlichung, ermöglicht D’Mellos Methodik generations- und kontinentübergreifende Gespräche zwischen „Außenseiterinnen“ sowie autodidakten bzw. ausgebildeten Künstlerinnen, deren Praktiken nie oder nur verspätet anerkannt wurden, und deren Vermächtnis die Kunstgeschichte meist nicht berücksichtigte. Ihre Studie betrachtet das Kunst- und Lebenswerk von Hausfrauen, Mystikerinnen und „alten Jungfern“ neu und stellt einen Zusammenhang mit der Arbeit zeitgenössischer feministischer Künstlerinnen her, um auf diese Weise beide Vermächtnissysteme sichtbar zu machen, zu kontextualisieren und dadurch die verlorengegangene weibliche Subjektivität neu zu verorten. Dabei möchte sie kontinuierlich einen Dialog innerhalb der nicht-linearen Parameter von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft führen, um Kritik daran zu üben, was von wem als Kunst bezeichnet werden durfte, und welche historischen Auslöschungen durch rassistische und hetero-patriarchale kunsthistorische Diskurse vorgenommen wurden.

Rosalyns Untersuchung wird die Form eines „metabolischen Essays“ annehmen, der sich im Prozess bewusst selbst nährt. Darüber hinaus wird sie auch einen Einblick in das Innenleben dieser Frauen ermöglichen, anhand einer Reihe von Zeugnissen ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem häuslichen Alltag, wie z. B. Briefkorrespondenzen, Manuskripte und Tagebücher, die quasi beiläufig in Schreibtischschubladen hinterlassen wurden, aber auch Rezeptbücher. In the Name of the Mother zielt darauf ab zu verstehen, wie diese Künstlerinnen in Aussenseiterinnenposition Wege fanden, selbst-zugehörig zu werden, als sie ihre intellektuellen und kreativen Fähigkeiten in der „Privatsphäre“ des Hauses ansiedelten.

Textgrundlage: Rosalyn D‘Mello

Rosalyn D‘Mello wuchs als „Bombay Goan“ in Mumbai auf. Sie schloss ihr Studium der Englischen Literatur am St. Xavier’s College, Mumbai, ab und erhielt ihren Master-Abschluss am Centre of English Studies, Jawaharlal Nehru University, Delhi. Nach einer kurzen Tätigkeit als Theaterkritikerin in Mumbai lebte sie ab 2010 für fast zehn Jahre in Delhi, bevor sie nach Tramin, einer Alpenstadt in der autonomen Provinz Südtirol in Italien, zog. In ihrer zehnährigen freiberuflichen Karriere hat sie als feministische Autorin, Kunstkritikerin, Kolumnistin, Essayistin, Redakteurin, Forscherin, Beraterin und Lektorin in verschiedenen Branchen gearbeitet.
Derzeit ist D‘Mello eine TBA21 Ocean Fellowship 2021 Mentorin. Sie ist die Autorin der von der Kritik gefeierten Memoiren A Handbook for my Lover. Sie ist außerdem Empfängerin eines Forschungsstipendiums der India Foundation for the Arts (2019-2020), das ihre laufenden Recherchen für ihr bei Oxford University Press, Indien, erscheinendes Buch unterstützt, das auf ihren Besuchen in indischen Künstlerateliers basiert. Seit Januar 2016 schreibt sie eine wöchentliche feministische Kolumne für mid-day, die auf ihren Memoiren basiert. Sie schreibt vierzehntägig Kunstkolumnen für STIR, und ihre Kritiken erscheinen häufig in der indischen Wochenzeitschrift Open. Ihre Texte sind in zahlreichen literarischen Anthologien erschienen, darunter Dress (HarperCollins India, 2018), Walking towards Ourselves: Indian Women Tell their Stories (HarperCollins India, 2016; Hardie Grant Australia, 2016) und Sammlungen von Kunstrezensionen, darunter Critical Writing Ensembles: Dhaka Art Summit 2016 (Office for Contemporary Art, Norwegen; Mousse Publishing, 2016) und Navigating the Planetary (Verlag für moderne Kunst, 2020). Zuvor war sie Herausgeberin von BLOUINARTINFO India (2012-2014) und wurde 2014 für den Forbes‘ Best Emerging Art Writer Award nominiert. Außerdem stand sie auf der Shortlist für den Prudential Eye Art Award for Best Writing on Asian Contemporary Art im Jahr 2014. Sie war Gutachterin für das Andy Warhol Foundation Art Writers Grant im Jahr 2020.
https://www.rosalyndmello.com/