Marianna Christofides
Looking Against the Grain – The Hiatus of Uncertainty (Working Title)
Derzeit arbeitet Marianna Christofides an einem Langzeitvorhaben, das das unheimliche Gefühl des Schreckens angesichts der Tatsache, dass alles um uns herum sukzessive jeglicher Vernunft beraubt wird und langsam außer Kontrolle gerät, untersucht. Vor dem Hintergrund, dass ein Zustand unvergänglicher Instabilität in den unterschiedlichsten Manifestationen des sozialen Lebens zur bestimmenden Norm geworden ist, fragt Christofides nach dem abstrakten Ort, an dem sich diese Unsicherheit festsetzt, nach den Implikationen, die eine solche Analyse auslöst und nach den Modalitäten, mittels derer sich ein_e Künstler_in einem Zustand annähern kann, der sich inhärent jedem Verständnis widersetzt.
Während ihres Fellowships in Büchsenhausen wird Christofides an einer „Anthologie der Augenblicke des Verschließens“ arbeiten und dabei den „herumirrenden“ Manifestationen der Unsicherheit nachspüren, deren verschiedenen Formen und unterschiedlichen Qualitäten. Das Ausgeliefert-Sein diesem unsicheren Zustand gegenüber sowie das Nachspüren seiner Manifestationen werden zentrale Aspekte dieses Vorgehens darstellen. Indem sie die Betrachtenden auf eine teilweise visuelle, teilweise essayistische Reise mitnimmt, wird Christofides periphere Begegnungen zu einem poetischen Narrativ zusammenstricken, das lose ineinander verwoben ist, um Räume für bisher unerforschte Offenbarungen zu aktivieren. Das Projekt wird entlang dreier Hauptteile beziehungsweise Kapitel konzipiert, die nicht als abgeschlossen, sondern als durchlässig und offen für Verhandlungen betrachtet werden müssen. Dies gilt ebenso für das Format des Projekts sowie die unterschiedlichen angewandten Medien: Bewegtbild-Installationen, die aus 16mm-Filmen bestehen, Klang, Text und Diaprojektionen werden durch Zeichnungen, Drucke und eine Künstlerinpublikation ergänzt. Diese Vorgehensweise erscheint der Künstlerin als wesentlich in ihrer Absicht, den derzeitigen Zustand der Unsicherheit abzustecken und, damit einhergehend, eine betont viszerale Reartikulation und Übersetzung einzuleiten. Darüber hinaus wird Christofides an der Collagierung, Neuordnung und der subtilen Inszenierung des gesammelten (aufgenommenen und archivierten) Film-, Klang-, Schrift- und Objektmaterials arbeiten, um unterschiedliche Konstellationen sowie deren Fähigkeiten und Grenzen auszuloten.
(Textvorlage: Marianna Christofides)
Marianna CHRISTOFIDES wuchs auf Zypern auf und ist derzeit in Berlin tätig. In ihren Arbeiten beschäftigt sich Christofides mit verflochtenen Geschichten, die die unterschiedlichen Ebenen von mehrfach erzählenden Orten konstituieren. Spuren von schleichender Gewalt im räumlichen Gefüge, sowie subtile Manifestationen von Prekarität werden durch Langzeitbeobachtungen und einer physischen Auseinandersetzung mit den erforschten Orten verhandelt. Die oftmals umkämpften Orte werden immer wieder von ihr besucht um deren Singularitäten und latenten Erzählungen aufzugreifen. Die Methode der rekursiven Rückkehr dient dazu, sich den komplizierten und fragmentierten Geschichten von Menschen in verschiedenen Regionen anzunähern.
In 2011 repräsentierte Christofides Zypern auf der 54. Biennale in Venedig. Sie hat internationale Ausstellungen gemacht – unter anderem an der Akademie der Künste in Berlin; am BOZAR, Palais des Beaux-Arts in Brüssel; am Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst in Bukarest; an der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst in Bremen; bei der Videonale. 17, im Kunstmuseum Bonn; im Museo Riso Palermo; im Museum für Gegenwartskunst in Siegen; im Kunstpavillon Innsbruck; im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Rijeka; auf der 5. Thessaloniki Biennale; im Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst, Athen und im Museum für Photographie Braunschweig. Künstlerhäuser umfassen: die Villa Kamogawa, das Goethe-Institut, Kyoto; das Künstlerhaus Büchsenhausen, Innsbruck; Tabakalera in San Sebastian; IASPIS in Stockholm; die Villa Aurora in Los Angeles; das Gaswerk, London. 2019 wurde Christofides für den Berliner Kunstpreis nominiert.
In Kooperation mit dem Künstlerhaus Büchsenhausen veröffentlichte Marianna Christofides das Buch Days in Between (2021).