Aikaterini Gegisian

Aikaterini Gegisian, Third Person (Plural), screenshot, essay film, work in progress, 2018.

Third Person (Plural)

Das Projekt Third Person (Plural) basiert auf archivarischen Recherchen über Populärkultur, Feldforschung und öffentliches Engagement und soll zur Produktion einer Serie von Filmepisoden führen, die – wenn sie zusammengefügt werden – einen abendfüllenden Essayfilm ergeben.

Motiviert durch die jüngste Zunahme nationalistischer und isolationistischer Narrative in der sogenannten westlich-entwickelten Welt, beabsichtigt Gegisian das „Bild“ Europas aus einer weiblichen Perspektive zu dekonstruieren. Dadurch soll erkundet werden, inwiefern unterschiedliche, populäre Bildkulturen in der gegenwärtigen Produktion nationaler und supranationaler Vorstellungswelten verwickelt sind. Das Projekt nimmt als Ausgangspunkt die Zeit unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und die damals eingeleiteten, historischen Vorgänge der Etablierung eines „Vereinigten“ Europas, so wie sie in den amerikanischen Wochenschauen sowie in den von der US-Regierung beauftragten Dokumentarfilmen dargestellt wurden. Third Person (Plural) basiert selbst auf solchem Archivmaterial, das im Rahmen eines sechsmonatigen Forschungsfellowships in der Library of Congress gesammelt wurde, und setzt dieses Material in einen Dialog mit jüngeren Brexit- und Grexit-Debatten.

Während ihres Fellowships in Büchsenhausen wird Gegisian mit der dekonstruktiven Analyse von etwa 120 Wochenschauen, tausenden Wochenschau-Annoncen auf Papier, sowie rund 50 bereits zusammengetragenen Dokumentarfilmen der US-Regierung beginnen. Dem Wochenschau-Format entsprechend soll ihre Arbeit einer episodischen Struktur folgen, die eine Serie thematischer Berichte zusammenführt. Dabei möchte die Künstlerin keine strikte geschichtliche Abfolge einhalten, sondern vielmehr einer temporalen Dislokation der chronologischen Wochenschau-Ordnung folgen und auf eine räumliche Destabilisierung der globalen, darin hervorgehobenen Narrative setzen. Der Schnittprozess wird die Dekonstruktion sowohl des gesammelten Filmmaterials als auch der Wochenschau-Annoncen und der gedruckten Begleitbeschreibungen verfolgen. Letztere sollen nicht lediglich als Zteugnisse von Tatsachen, sondern auch als spekulative Texte behandelt werden. Auf Grundlage des Found-Footage-Materials aus vielfältigen Quellen, das dokumentarisches, auf Beobachtungen basierendes Filmmaterial und surrealistisches, assoziatives Denken miteinander verbindet, wird das allgemeine Leitprinzip von Third Person (Plural) einer neuen feministischen Lesart des dekonstruierenden Materials folgen mit dem Ziel, das Fehlen von Frauen im historischen Entscheidungsfindungsprozess zu vergegenwärtigen.

Textvorlage: Aikaterini Gegisian

Aikaterini GEGISIAN ist griechisch-armenischer Herkunft; sie lebt und arbeitet zwischen Großbritannien und Griechenland. Aufbauend auf ihrem Beitrag im armenischen Pavillon bei der 56. Biennale von Venedig (2015, Goldener Löwe für die beste nationale Teilnahme), hat sie in den letzten beiden Jahren eine Reihe von Auftragsarbeiten entwickelt, die die Rolle von Bildern bei der Konstruktion nationaler und genderspezifischer Identitäten erkunden. Sie wurden unter anderem im Jüdischen Museum, Moskau; dem National Arts Museum of China, Peking; dem Middlesbrough Institute of Modern Art,UK; im BALTIC, Newcastle; in der Calvert 22 Foundation, London; in der Kunsthalle Osnabrück; im DEPO, Istanbul; und dem Yermilov Centre, Ukraine gezeigt. 2018 war sie Research Fellow in der Library of Congress, Washington DC. Gegisian war Büchsenhausen Fellow im jahr 2018-19.
gegisian.com